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Montag, Juli 17, 2006

"Dieser Platz ist zu klein für uns beide..."

Im Nachhinein ist man immer schlauer. Wie beispielsweise mein geschätzer Freund und Mitbewohner Tinu, der meinte, Zinedine Zidane hätte Knochenbrecher Materazzi erst nach dem Spiel verschlagen sollen. Ich bin auch der Meinung. Oder wenigstens die Zähne rausschlagen können hätte er ihm, da er ja die Karriere beendet hat und die höhe der Spielsperren keine Rolle mehr spielt. Doch so ist er halt wiederum nicht. Zizou ist kein Schläger.
Nun, er war für Moment ein Kopfstosser und die Aktion hatte durchaus ihre positiven Seiten. Erstens: Sie war straight. Kein Anzeichen von Feigheit auszumachen. Kein In-Die-Eier-Klemmen, kein zufälliger Schlag mit dem Ellenbogen bei einem Kopfballduell, und kein Fuss in die Eier (hust*rooney*hust) bei einem „übermotivierten“ Tackling. Es war, was es war; Auge in Auge: eine Attacke als Antwort auf mehrere sehr verletztende Beleidigungen gegen seine Schwester und Mutter und als Konsequenz die Bestrafung, die rote Karte. Dazu passt, dass er es bis heute keine reue zeigt, denn so würde er „dem Sack noch recht geben“. Zidane ist einer von den Typen, bei dem man nicht meinen muss, man könne seiner Schwester etwas antun und dann nach einem günstig laufenden Prozess mit einer milden Strafe davonkommen.
Die Aktion hat etwas in uns aufgerüttelt. "Zidane, der Sympathische, der Bescheidene... der Gute. Wie konnte er nur? Mir würde so etwas nie und nimmmer passieren“ ging uns allen durch den Kopf. Doch so ist es nicht... wir haben alle unsere schwachen Punkte, wir haben alle unsere Grenzen. Und Mister Miyagi weiss: in der 108. Minute des WM-Finals 2006 kam diese Grenze zum Vorschein. Wir alle, die wir uns für so unfehlbar, so überlegt, so In-Allen-Situationen-Beherrscht hielten, hätten uns in diesem Moment in Zidane wieder erkennen sollen. Wiedererkennen und an unsere Menschlichkeit erinnert werden sollen.
Der Kopfstoss war auch ein Arschtritt in die unspektakuläre, saubere, reibungslose, blitzblank glänzende, taktisch perfekte, schon fast langweilige WM, eigentlich ein Arschtritt in unsere heile Welt. Und das ist auch nicht immer schlecht.
Materazzi behauptet, er sei ein grosser Zidane-Fan, hätte sein Leibchen noch im Schrank. Sein Idol sei aber so arrogant auf dem Spielfeld buhuhuhu, dass er sich zu solchen Ehrverletzungen hinreissen liess. Was ist denn los? War da jemand neidisch auf den Erfolg seines Idols, den letzten grossen Fussbalmagier an einer WM voller Taktik und Mauern und Sicherheitsfussball? FIFA-Boss und selbsternannter Sonnenkönig Blatter erwägt, ihm die Auszeichnung des besten Spielers der WM abzuerkennen. Soll er doch, wahre Grösse braucht weder Diplom noch Staubfänger. Ehre, wem Ehre gebührt. Tu vas nous manquer, Yazid!